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Grundzüge des See-Völkerrechts der Gegenwart.

Die nachstehende Darlegung, welche zunächst als Einleitung und zur Erläuterung unserer „Sammlung officieller Actenstücke in Bezug auf Schiffahrt und Handel in Kriegszeiten (Februar 1854 bis April 1855)" dienen soll, hat den Zweck, die hauptsächlichsten Grundsätze und Bestimmungen, welche aus diesen Actenstücken hervorgehen und für künftige Fälle nicht ohne praktische Wichtigkeit sein dürften, übersichtlich zusammenzustellen. Auf irgend welche Theorieen oder Systeme des Völkerrechts ist hierbei keine Rücksicht genommen, und ebenso sind auch die älteren Reglements und gerichtlichen Entscheidungen, so weit nicht in den neueren Actenstücken ganz ausdrücklich auf dieselben wieder Bezug genommen wird, nicht weiter in Betracht gekommen. Ferner ist absichtlich jedes Raisonnement über den Inhalt und die Motive der betreffenden Verordnungen und Entscheidungen vermieden worden. Unserer Darlegung sollen lediglich die positiven Actenstücke der neuesten Zeit zur unmittelbaren Grundlage dienen; es ist deshalb auch bei allen Sätzen auf die dahingehörige Publikation oder prisengerichtliche Entscheidung in unserer Sammlung verwiesen.

Die aus den verschiedenen Actenstücken entnommenen Resultate sind nach ihrem natürlichen Zusammenhange an einander gereiht und unter folgende Rubriken zusammengestellt worden:

I. Beschränkungen, welche die kriegführenden Mächte dem Verkehr der eigenen Unterthanen vorschreiben.

II. Zugeständnisse, welche die kriegführenden Mächte den Unterthanen der feindlichen Staaten gewähren.

III. Rechte, welche die kriegführenden Mächte hinsichtlich des neutralen Handels in Anspruch nehmen.

IV. Anordnungen der neutralen Staaten hinsichtlich des Verkehrs ihrer Unterthanen in Kriegszeiten, sowie zur Aufrechthaltung der Neutralität.

VI.

Verfahren bei den Prisen-Gerichten im Allgemeinen.

Grundsätze der Prisen-Gerichte in Betreff von Fragen der Nationalität.

VII. Grundsätze der Prisen-Gerichte in Bezug aufBlokaden und deren Verletzung, sowie hinsichtlich des Transports von Kriegscontrebande. VIII. Grundsätze der Prisen-Gerichte in Bezug auf Kosten- und SchadenErsatz bei Freigebung der Ladung und bei unbegründeter Aufbringung eines Schiffs.

I. Beschränkungen, welche die kriegführenden Mächte dem
Verkehr der eigenen Unterthanen vorschreiben.

In Grossbritannien ward durch königliche Proclamation vom 18. Februar No 17. 1854 die Ausfuhr und küstenweise Verschiffung folgender Artikel verboten: Waffen aller Art, Munition und Pulver, Militair- und Marine-Vorräthe; ferner Maschinen und Maschinentheile aller Art, die für Dampfschiffe verwendet werden können.

No 47 *.

No 47*.

Am 24. März 1854 ward der Zollbehörde vom Schatzamte angezeigt, dass Kupfer, Roheisen, Stangen-Eisen, Hanf, Flachs, Pech, Theer, Harz, Terpentin und Werg bis auf Weiteres unbehindert ausgeführt werden dürften. Am 5. und 11. April 1854 wurden die Zollbehörden angewiesen, die Ausfuhr von Schiffs bau-Material und anderer nicht für Kriegszwecke bestimmter Kriegsartikel nach gewissen Ländern hin zu gestatten, wenn die Verschiffer Bonds ausstellen mit folgender Specifikation: Beschreibung der verschifften Artikel; Bestimmungshafen; Namen der Personen, für welche die Güter bestimmt sind; - Zweck, für welchen sie verwendet werden sollen; wenn zum Schiffbau, Namen des Erbauers und der Person, für welche das Schiff gebauet und die Fahrt, für welche es bestimmt ist. Die Verbindlichkeit dieser Bonds erlischt erst mit Einreichung eines Certificats des britischen Consuls am Bestimmungshafen, dass die besagten Güter gelandet und die Angaben des Bonds erfüllt worden.

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N 18. Die Gegenden, wohin unter dieser Voraussetzung von den Zollbehörden 19. 20. die Ausfuhr gestattet werden könne, werden wie folgt angegeben;

No 47.

N 104.

die Häfen des Vereinigten Königreichs; alle Plätze in Nord- und SüdAmerika, mit Ausnahme der russischen Besitzungen in Nordamerika; die Küste von Afrika, westlich von der Strasse von Gibraltar, um den Süden herum und die Ostküste; die ganze Küste von Asien, so weit sie nicht am Mittelländischen Meer oder am Persischen Meerbusen gelegen, oder Theile des Russischen Reiches sind; ganz Australien und sämmtliche Britische Colonien innerhalb der gedachten Grenzen.

Verschiffung der als Kriegscontrebande bezeichneten Artikel nach an deren Plätzen soll nur auf besondere Bewilligung des Geheimeraths gestattet werden.

Durch Geheimerathsbefehl vom 24. April 1854 wird das Ausfuhr-Verbot von Kriegscontrebande beschränkt auf

Pulver, Salpeter und Schwefel; Waffen und Munition; DampfschiffsMaschinen und Dampfkessel, und Theile von solchen.

Auch soll die Ausfuhr der letzgenannten Artikel gegen Ausstellung eines vorschriftsmässigen Bonds zulässig sein, ausgenommen nach irgend einem Platze in Europa, nördlich von Dünkirchen, und nach irgend einem Platze im Mittelländischen Meer östlich von Malta.

Ein Geheimerathsbefehl vom 30. November 1854 verbietet die Ausfuhr von Blei, Chili-Salpeter, Cementsteinen, Portland-Cement und anderen Artikeln, die zur Bereitung von Cement zu Wasserbauten gewöhnlich gebraucht werden, nach allen europäischen Plätzen nördlich von Dünkirchen, und verfügt bei der Ausfuhr derselben nach anderen Plätzen die Ausstellung von Bonds.

Was die Ausfuhr von Cement und Cementsteinen betrifft, wird das M 122. Verbot vom 30. November 1854 durch einen Geheimerathsbefehl vom 2. Januar 1855 wieder zurückgenommen.

Unter neutraler oder befreundeter Flagge darf während des Krieges, M 22. abgesehen von den speciellen Ausfuhrverboten, aus Britischen Plätzen nach allen und jeden nicht blokirten Plätzen und Häfen jede Waare ausgeführt und vice versa eingeführt werden, jedoch mit dem Vorbehalt, dass kein Britisches Schiff unter irgend welchen Umständen in Verbindung treten darf mit irgend einem Platze oder Hafen, der von den Feinden der Königin besessen oder besetzt gehalten wird.

Das Verbot des Verkehrs Britischer Unterthanen mit dem feindlichen Staate erstreckt sich nicht auf die Beziehung von, vor dem Ausbruch des Krieges gekaufter russischer Producten oder den Ankauf ursprünglich russischer Producte, die aber bona fide neutrales Eigenthum geworden sind und in neutralen oder britischen Schiffen verladen worden. Es darf jedoch kein Britischer Unterthan, auch nicht durch Vermittlung eines Neutralen, von einem Feinde etwas kaufen.

M 6. 7.

21.

In Frankreich ward durch kaiserliches Decret vom 24. Februar 1854 No 24. die Ausfuhr und die Reexportation aus dem Entrepot in Betreff folgender Artikel verboten:

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Kriegswaffen aller Art; Blei, Schwefel, Pulver, Salpeter, Feuersteine, Zündhütchen, Holz für Gewehre, Kugeln und sonstige Kriegsmunition aller Art; Militair-Utensilien aller Art; Pferde; Segel- und DampfSchiffe, Maschinen, und Maschinentheile für Dampfschiffe, rohe und verarbeitete Gegenstände, die zum Marine-Material gehören. Die ausnahmsweise Ausfuhr solcher Gegenstände soll nur auf besondere Verfügung des Finanzministers gegen Garantie-Stellung gestattet sein.

Durch Decret vom 16. April 1854 wird Chili-Salpeter der Kriegscon- M 25. trebande zugerechnet.

Laut Decret vom 8. December 1854 wird das Verbot der Ausfuhr der No 105. als Kriegscontrebande bezeichneten Artikel auf die Durchfuhr ausgedehnt.

Was Russland betrifft, so ist uns kein neueres Ausfuhrverbot von Waffen und sonstiger Kriegscontrebande bekannt geworden, dagegen ist für die russischen Häfen am Schwarzen und Asowschen Meer die Ausfuhr von Getreide, Schlachtvieh und sonstigen Lebensmitteln sowie von Hanf- und FlachsFabrikaten durch verschiedene Verfügungen vom November und December 1854 verboten worden.

N 106.

107. 129.

Nachdem bereits vorgängig durch Bekanntmachung der Britischen No 81. Consulate (zu Anfang Juli 1854) die Britischen Unterthanen auswärts gewarnt worden waren, sich bei einer im Werk begriffenen neuen russischen Anleihe zu betheiligen, ist zu demselben Behufe am 12. August 1854 eine Parlaments- No 102. Acte beliebt worden, welche die Betheiligung bei irgend einer Anleihe, die während des gegenwärtigen Krieges Seitens der Russischen Regierung, direct oder indirect, contrahirt wird, allen Britischen Unterthanen strenge untersagt.

Dass den Französischen Unterthanen ebenfalls, während des Krieges, No 85. die Betheiligung an der Anleihe eines feindlichen Staates nicht erlaubt sei, bringt der Moniteur vom 8. Juli 1854 in Erinnerung.

N 132.

Eine königliche Proclamation vom 8. Februar 1855 warnt alle Britischen Unterthanen, sowohl innerhalb des Britischen Reichs als auch auswärts, den Feinden der Königin auf irgend eine Weise behülflich zu sein bei Führung des Krieges (durch Bau oder Ausrüstung von Schiffen, Anfertigung von Dampfmaschinen u. dergl.), da solches als Hochverrath anzusehen und zu bestrafen sein werde.

No 2. 4.

D. K.

N 3. G.

A.

G.

II. Zugeständnisse, welche die kriegführenden Mächte den
Unterthanen der feindlichen Staaten gewähren.

So weit nicht durch specielle Declaration oder sonstige Anordnungen ausnahmsweise ein Anderes bestimmt worden, gilt als allgemeine Regel, dass nach Ausbruch eines Krieges und während der Dauer desselben der Verkehr der Unterthanen eines feindlichen Staates nach oder in dem Lande der kriegführenden Macht gänzlich verboten ist, und das Eigenthum der Unterthanen des feindlichen Staates auf der See oder im Bereich der kriegführenden Macht der Beschlagnahme und Condemnation unterliegt. (Britische Declaration und Geheimerathsbefehl vom 29. März 1854.)

(Die Beschlagnahme feindlichen Eigenthums, soweit dasselbe nicht durch öffentlich bekanntgemachte specielle Vergünstigung der Regierung davon ausgenommen ist, kann auch von den Zollbeamten ausgehen, sowie von Jedermann beantragt werden.)

Hiervon sind nun in Grossbritannien und Frankreich beim Ausbruch des gegenwärtigen Krieges folgende Ausnahmen beliebt worden:

Den Russischen Kauffahrtei-Schiffen in irgend einem Hafen oder Platze innerhalb des Britischen Reichs wird, vom Tage der Bekanntmachung (29. März 1854) an gerechnet, eine Frist von sechs Wochen gegeben, um ihre Ladungen einzunehmen und unbehindert nach einem nicht- blokirten Hafen ihre Reise zurückzulegen, vorbehältlich, dass sie keine Kriegscontrebande, keinen feindlichen Officier vom Heere oder der Marine, noch auch Russische Depeschen an Bord haben.

Eben so soll den Russischen Schiffen, welche vor dem Tage dieser Verordnung von irgend einem fremden Hafen mit der Bestimmung nach irgend einem Britischen Platze gesegelt sind, verstattet sein, in solchen Platz einzulaufen, dort die Ladung zu löschen, und unbehindert von da nach irgend einem nicht-blokirten Hafen segeln.

Diese Vergünstigung ersteckt sich indess nicht auf feindliche Schiffe, welche, vor Ausbruch des Krieges oder innerhalb der gestatteten Frist aus einem Britischen Hafen nach einem neutralen Hafen gesegelt, von dort, nachdem sie ihre Ladung gelöscht haben, weiter segeln.

Wenn dagegen ein feindliches Schiff vor Ablauf des Termins von einem fremden Hafen mit der Bestimmung nach einem Britischen Platze gesegelt, später aber noch an einem anderen Platze die Ladung completirt hat, erscheint es durch den Geheimerathsbefehl gegen Confiscation geschützt.

Für die Britischen Besitzungen in Indien und sämmtliche überseeische M 5. Britische Besitzungen wird durch Geheimerathsbefehl vom 7. April 1854 die den Russischen Schiffen zum Einnehmen von Ladung und Absegeln gestattete Frist auf 30 Tage nach dem Tage der Bekanntmachung dieser Verfügung am betreffenden Orte verlängert.

Ferner ist durch Geheimerathsbefehl vom 15. April 1854 nachträglich No 23. gestattet worden, dass Russische Schiffe, die vor dem 15. Mai 1854 aus einem Russischen Hafen in der Ostsee oder am Weissen Meer mit einer für einen Britischen Hafen bestimmten Ladung absegeln, dort ihre Ladung löschen und von da unbehindert nach irgend einem nicht blokirten Hafen segeln dürfen.

Für die Dauer des gesenwärtigen Krieges verzichtet die Britische Re- No 1. gierung auf das Recht, feindliches Eigenthum an Bord neutraler Schiffe mit Beschlag zu belegen, Kriegscontrebande ausgenommen, sowie Kaperbriefe auszugeben.

Die Russischen Unterthanen, welche sich in Grossbritannien aufhalten, No 48. sollen daselbst, so lange sie sich den Gesetzen des Landes gemäss betragen, in ihrer Person und in ihrem Eigenthum auch während des Krieges ungestört verbleiben dürfen.

Die Französische Regierung hat, in Uebereinstimmung mit den vor- No 9. 49. erwähnten Britischen Verfügungen, den in Französischen Häfen befindlichen Russischen Schiffen ebenfalls eine Frist von 6 Wochen verstattet, um Ladung einzunehmen und dann unbehindert ihre Reise zu vollenden, sowie für die aus Russischen Häfen in der Ostsee und im Weissen Meer nach einem Französischen Platz bestimmten Russischen Schiffe einen Termin bis zum 15. Mai 1854, und für den Verkehr Russischer Schiffe in den Colonien eine Frist von einem Monat nach der dortigen Bekanntmachung, um von da unbehindert wieder nach irgend einem nicht blokirten Hafen zu segeln. (Decrete vom 29. März und 15. April 1854.)

W. 130.

(Eine analoge Anwendung der ebenerwähnten Zugeständnisse auf die No 58. aus neutralen Häfen segelnden Russischen Schiffe ist für nicht statthaft erklärt.) Aus Humanitäts-Rücksichten ist während der Blokade der Russischen Häfen am Weisen Meer im Jahre 1854 der kleine Verkehr zwischen diesen Häfen und Finnmarken gestattet worden; eine Wiederholung dieser Vergünstigung für den Fall der Wiederaufnahme der Blokade ist jedoch im Voraus abgelehnt worden.

Eben so wird in Uebereinstimmung mit den Britischen Erlassen Fran- M 8. zösischer Seits erklärt, dass feindliches Eigenthum an Bord neutraler Schiffe, wenn es nicht Kriegscontrebande ist, der Beschlagnahme nicht unterliegen, und dass bis auf Weiteres keine Kaperbriefe ausgegeben werden sollen. (Decret vom 29. März 1854.)

Die Russische Regierung hat unterm 18. April 1854 bekannt gemacht: No 51. den Englischen und Französischen in Russischen Häfen befindlichen Kauffahrteischiffen werde eine sechswöchentliche Frist (vom 25. April, und für die Häfen des Weissen Meeres vom Tage der Navigations-Eröffnung an gerechnet) zur Einnahme ihrer Ladungen und zum ungehinderten Absegeln ins Ausland gewährt; das Eigenthum Englischer und Französischer Unterthanen auf Schiffen neutraler Nationen werde von den Russischen Kreuzern als unantast

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